Staatskapitalismus? China zieht die Daumenschrauben an
Marktkommentar KW 30| 2021
Nachhilfe verboten: Was bei vielen Kindern Freudensprünge auslösen dürfte, sorgte an Chinas Börsen diese Woche für ein Kursbeben. Grund ist eine Reform des Nachhilfesektors im Reich der Mitte, die Unternehmen der Branche die Geschäftsgrundlage nahezu entzogen hat. Mit diesem Schritt griff die regulierungswütige Regierung in Peking einmal mehr zum Vorschlaghammer statt zu den Samthandschuhen. Infolgedessen zerschlug sie quasi über Nacht einen boomenden Wirtschaftszweig mit einem jährlichen Umsatz von etwa 100 Milliarden Dollar. Zuletzt zogen die Behörden bereits in anderen Wirtschaftsbereichen wie dem Technologiesektor die Daumenschrauben an. An den chinesischen Aktienmärkten blieb das Vorgehen nicht folgenlos.
So verloren direkt betroffene Nachhilfeinstitute wie die TAL Education Group innerhalb kurzer Zeit über 70% ihres Börsenwertes, aber auch Tech-Konzerne wie Tencent oder Alibaba, die in den Bildungssektor investieren, erlitten starke Kursverluste. Schnell griff daher die Angst vor weiteren Regulierungswellen um sich und setzte dem gesamten Handelsplatz China und Hong Kong zu. Welcher Wirtschaftssektor fällt dem staatlichen Kapitalismus in China als nächstes zum Opfer?
Unbeständiger Börsensommer
Der chinesische Regulierungswahn fungierte auch an den globalen Aktienmärkten zunächst als Stimmungskiller. Allerdings hellten gewohnt starke Quartalszahlen der Tech-Riesen Alphabet, Microsoft und Apple die Gemüter wieder auf. Zudem trug die weiterhin lockere Haltung der amerikanischen Zentralbank positiv zur Stimmung bei. Fed-Chef Powell bekräftigte abermals den aktuellen Kurs und die damit verbundene Aussicht auf weitere Geldspritzen. Auch wenn ein geldpolitischer Strategiewechsel weiter auf sich warten lässt, bewegte sich die Fed jedoch erneut in verbalen Tippelschritten auf eine Reduzierung der Anleihekäufe zu. Verlierer war der Dollar, der infolge der abflauende Zinsträume aufgrund des Fed-Entscheides und durchwachsener US-Konjunkturdaten an Wert verlor. Es bleibt somit insgesamt ein wechselhafter Sommer an den Märkten.
Neues von der Inflationsfront: Wie die europäische Statistikbehörde nach einer Schnellschätzung mitteilte, sind die Verbraucherpreise im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,2% gestiegen. Auf nationaler Ebene zog die Inflation im gleichen Zeitraum laut Statistischem Bundesamt um 3,8% an. Hauptverantwortlich für den sprunghaften Anstieg in Deutschland ist ein Basiseffekt. Dieser lässt sich auf die coronabedingte Senkung der Mehrwertsteuer ab Juli letzten Jahres zurückführen. Sehen wir die Inflation demnächst die Fünf-Prozent-Hürde überspringen?
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