Dotcom-Blase 2000 vs. Corona-Krise 2020
Um die Ausbreitung des neuen Corona-Virus einzudämmen, wurde in den meisten Ländern eine Massenquarantäne verordnet. Dadurch hat sich das soziale und vor allem das wirtschaftliche Leben stark reduziert, wovon natürlich auch der Finanzsektor stark betroffen ist: Angstverkäufe von Aktien, atemberaubende Kursabfälle an der Börse und millionenschwere Hilfspakete sind dabei nur ein paar Beispiele.
In der Vergangenheit haben wir schon viele Finanz- oder Wirtschaftskrisen durchlebt. Können wir aus ihnen etwas lernen und so die aktuelle Krise besser handhaben? Um diese Frage zu beantworten, blicken wir in diesem Blog-Beitrag auf die Finanzkrise im Jahre 2000 zurück, welche durch das Platzen der Dotcom-Blase entstanden ist.
The New Economy
Mitte der 1990er Jahre erfolgte eine rasante Entwicklung von Technologieunternehmen. Die ersten Handys kamen auf den Markt und Computer mit Internetzugang zogen langsam aber sicher in alle Haushalte ein. Sowohl in den USA als auch in Deutschland verbreitete sich eine allgemeine Euphorie und viel Optimismus für die Zukunft dieser sogenannten New Economy. Zahlreiche Menschen gründeten eigene Technologie-Start-ups und Anleger begannen in diese zu investieren. Die stetige Weiterentwicklung des Internets hielt die Gesellschaft hochgestimmt: An der Deutschen Börse wurde sogar nach amerikanischem Vorbild des NASDAQ ein eigenes Segment ausschließlich für Technologieunternehmen entwickelt, der Nemax 50. Schrittweise investieren Anleger immer größere Summen in Aktien der New Economy und auch Neu- und Kleinanleger ließen sich von dem berauschenden Hype anstecken und versuchten ihr Glück an der Börse. Die Kurse stiegen und stiegen. 1995 lag der NASDAQ bei 1000 Punkten, 5 Jahre später bei 2000. Der Nemax 50, der 1997 noch um die 1000 Punkte zählte, erreichte im März 2000 9500 Punkte.
Das Ende vom Hype
Das Verhältnis zwischen dem materiellen Wert einer Aktie und deren Börsenwert war inzwischen völlig aus den Fugen geraten. Eine Amazon Aktie, die ehemals für 18 Dollar angeboten wurde, wurde zwischendurch für über 100 Dollar verkauft. Anleger mussten sich langsam eingestehen, dass in naher Zukunft wohl nicht mit Dividenden zu rechnen sei, da insbesondere frischgegründete Unternehmen das Kapital zunächst für eigenes Wachstum brauchten.
Es wurde deutlich, dass die meisten Firmen den Gewinnerwartungen nicht gerecht wurden. Zweifel machten sich daraufhin breit. Als dann die ersten Unternehmen Insolvenz meldeten, vermehrten sich die Panikverkäufe der Anleger rapide und so kam es im Märt 2000 zum kompletten Kurssturz: Der NASDAQ sank bis Anfang Oktober auf 806 Punkte – was am Allzeithoch gemessen, einem Rückgang von 82,8 Prozent entspricht. Der deutsche Nemax 50 rutsche bis Oktober auf 318 Punkte und büßte somit seit seinem Höchstwert 96 Prozent ein. Auch das Vertrauen in Aktien als Geldanlage zerbröckelte: Als Hauptverlierer der New Economy zählten unerfahrene Klein- und Privatanleger.
Genug vom Aktienmarkt?
Um die Wirtschaft mit Geld zu versorgen und den Geldkreislauf anzuregen, vollzog die Fed, die amerikanische Zentralbank, unter der Leitung von Alan Greenspan radikale Senkungen der Zinssätze für Zentralbankkredite. Gleichermaßen reagierte die US-Regierung mit Steuersenkungen. Die gesamtwirtschaftlichen Schäden konnten also weitestgehend in Grenzen gehalten werden. Durch das Platzen der Dotcom-Blase kam es in den USA nicht zu einer Banken- oder Finanzkrise, oder gar einer Rezession. Dennoch gilt die Tatsache, dass die Fed die Zinsen beim nächsten Aufschwung nicht wieder erhöht hatte, bis heute als einer der Punkte, der die Finanzkrise 2008 bedingte.
In Deutschland hatten viele Anleger erstmal genug vom Aktienmarkt. Hierzulande machten sich die Verluste vor allem in einer Kaufzurückhaltung bemerkbar. Dadurch waren teilweise wirtschaftlich rezessive Tendenzen zu beobachte, eine Wirtschaftskrise blieb jedoch ebenfalls aus. Eine Erholung sollte außerdem nicht allzu lange auf sich warten lassen: Während der Dax im Zeitraum von 2000 bis 2003 zwei Drittel an Wert einbüßte, befand sich der Index ein Jahr später wieder auf seinem Vorkrisenwert.
Die Lehre, die viele aus der geplatzten Dotcom-Blase ziehen konnten, ist wohl, dass eine Investition in Aktien immer Risiken mit sich bringt. Der Masse zu vertrauen und sich davon einen Goldrausch zu erhoffen hat sich jedenfalls nicht als erfolgreich erwiesen. Wer also an einer Anlage interessiert ist, sollte sich selber Vorkenntnisse aneignen oder doch professionellen Fondsmanagern das Ruder in die Hand geben.
Blase vs. Virus
Das Platzen der Dotcom-Blase hatte nun zur Folge, dass der DAX von 2000 bis 2003 an seinem Höchstwert gemessen um 72 Prozent sank. Bis dahin der größte Crash des DAX. Man darf dabei nicht außer Acht lassen, dass sich dieser Kursabfall über lange Zeit streckte. Bis der Index um ein Drittel gesunken war vergingen 268 Tage. Corona schlug weitaus schneller und heftiger ein: Lediglich 17 Handelstage hat es gebraucht bis der DAX ein Drittel eingebüßt hatte.
Weiterhin waren vom damaligen Crash vor allem Technologieunternehmen betroffen. Dazu kommen natürlich die Anleger, die mitspekuliert hatten und dabei Geld verloren. Die Finanzkrise, die durch das Platzen der Dotcom-Blase bedingt wurde, hatte aber anders als beispielsweise im Jahr 2008 keine Wirtschaftskrise zur Folge. Somit hielten sich die Folgen in anderen Sektoren als eben der Technologiebranche weitreichend in Grenzen. Die aktuelle Corona-Krise hingegen betrifft alle Sektoren, womit sie ein weitaus größeres Ausmaß annimmt als die Dotcom-Blase.
Ein weiterer bedeutender Unterschied ist, dass die Wirtschaft 2020 wissentlich heruntergefahren wird und demnach nicht durch eine vorgehende Banken-/Finanz- oder Schuldenkrise an Stabilität verloren hat. Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise, wobei beide sich natürlich gegenseitig bedingen, resultieren primär aus den politischen Entscheidungen über sämtliche Einschränkungen zum Schutz von Menschenleben. Anders als bei den bisherigen Finanz- und Wirtschaftskrisen kann man demnach auch nur bedingt Maßnahmen einleiten, die die Wirtschaft – also sowohl das Angebot als auch die Nachfrage — wieder ankurbeln sollten, solange Menschenleben in gefährdet sind.
Lieber die Experten fragen
Die Corona-Krise stellt demnach eine deutlich größere globale Herausforderung dar, als die Finanzkrise, die durch das Platzen der Dotcom-Blase bedingt wurde. Vielleicht ist die Lehre, die aus der Dotcom-Krise gezogen werden kann, heute relevanter denn je. Wie sich damals herausgestellt hatte, ist es durchaus sinnvoller auf Finanzexperten zu hören, wenn es um Geldanlagen geht. Gleichermaßen sollten wir in dieser Zeit vor allem den Wissenschaftlern zuhören und auf ihre Ratschläge vertrauen – auch, wenn die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen nicht immer ganz leicht ist.
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