Artikel 9 Fonds: Was steckt dahinter?

Auf der Suche nach nach­hal­tigen Finanz­pro­dukten, begegnet man immer wieder der Bezeich­nung Artikel 9 Fonds. Die Klas­si­fi­zie­rung ist wich­tiger Bestand­teil der EU-Offen­le­gungs­ver­ord­nung (SFDR) und soll es Anle­ge­rinnen und Anle­gern erleich­tern, die Nach­hal­tig­keit von Finanz­pro­dukten mit­ein­ander zu ver­glei­chen. Wir erklären Dir, was genau dahintersteckt.

Die Offen­le­gungs­ver­ord­nung der EU (SFDR)

Um die Grund­sätze aus der UN-Agenda zur nach­hal­tigen Ent­wick­lung bis 2030 sowie die Ziele des Pariser Kli­ma­ab­kom­mens strenger zu ver­folgen, hat die Euro­päi­sche Union (EU) im März 2018 den EU-Akti­ons­plan „Nach­hal­tige Finan­zie­rung“ ver­öf­fent­licht. Eine der darin ent­hal­tenen Regu­la­rien ist die soge­nannte Offen­le­gungs­ver­ord­nung, auch Sus­tainable Finance Dis­clo­sure Regu­la­tion (SFDR) genannt.

Wie der Name schon ver­muten lässt, beinhaltet diese nach­hal­tig­keits­be­zo­gene Offen­le­gungs- und Trans­pa­renz­pflichten für alle Finanzmarktteilnehmer:innen und Finanzberater:innen. Anle­ge­rinnen und Anle­gern sollen es dadurch leichter haben, unter­schied­liche Finanz­pro­dukte in den EU-Län­dern in Bezug auf ihre Aus­wir­kungen auf Umwelt und Gesell­schaft mit­ein­ander zu ver­glei­chen. Außerdem soll durch die neuen Pflichten Green­wa­shing ver­hin­dert werden.

Die Ver­ord­nung unter­teilt Finanz­pro­dukte in 3 Kategorien.

SFDR: Artikel 6, Artikel 8 und Artikel 9 

Was bedeutet Artikel 9 Fonds? 

Finanz­pro­dukte, die nach Artikel 9 klas­si­fi­ziert sind, werden auch als dun­kel­grüne Fonds bezeichnet und gelten als beson­ders nach­haltig. Im Gegen­satz zu Artikel 8 Fonds, die ledig­lich öko­lo­gi­sche und soziale Aspekte berück­sich­tigen, ver­folgen Artikel 9 Fonds ein expli­zites nach­hal­tiges Anlageziel.

Aller­dings ist es wichtig zu beachten, dass das Ziel der Offen­le­gungs­ver­ord­nung keine aus­for­mu­lierten Nach­hal­tig­keits­kri­te­rien sind, son­dern vor allem Trans­pa­renz­pflichten. Dem­nach müssen Anbieter von Artikel 9 Fonds genau erklären, wie das anvi­sierte Nach­hal­tig­keits­ziel durch den Fonds rea­li­siert wird.

Prin­cipal Adverse Impact (PAI) und Do No Signi­fi­kant Harm (DNSH)

Dar­über hinaus legt die Offen­le­gungs­ver­ord­nung die Berück­sich­ti­gung der soge­nannten Prin­cipal Adverse Impact (PAI) — Indi­ka­toren fest. Diese glie­dern sich in zwei Gruppen:

  • 18 Kern­in­di­ka­toren
  • 46 zusätz­liche Indikatoren

Wäh­rend eine Offen­le­gung zu den 18 Kern­in­di­ka­toren in jedem Fall ver­pflich­tend ist, erfolgt die Bericht­erstat­tung über die wei­teren Indi­ka­toren frei­willig. Nach aktu­eller Aus­le­gung der Bun­des­an­stalt für Finanz­dienst­leis­tungs­auf­sicht (BaFin) muss eine Berück­sich­tung der PAIs zu einem Minimum an fest­ge­legten Aus­schluss­kri­te­rien führen.

Des Wei­teren müssen sowohl Artikel 8 als auch Artikel 9 Fonds für die Klas­si­fi­zie­rung dem “Do No Signi­fi­cant Harm” Ansatz der EU-Taxo­nomie folgen. Dieser besagt, dass ihre Akti­vi­täten keines der sechs Umwelt­ziele der EU beein­träch­tigen dürfen:

  1. Kli­ma­schutz
  2. Anpas­sung an den Klimawandel
  3. Nach­hal­tige Nut­zung und Schutz von Wasserressourcen
  4. Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Ver­mei­dung von Ver­schmut­zung und
  6. Schutz von Öko­sys­temen und ⁠Bio­di­ver­sität⁠.

Immer mehr Her­ab­stu­fungen von Artikel 9 Fonds

In den ver­gan­genen Monaten ist aus­ge­löst durch Ver­schär­fungen der Regu­la­rien eine Welle der Her­ab­stu­fungen über die Finanz­branche geschwappt. Eine Viel­zahl an Fonds und ETFs von großen Anbie­tern haben im Zuge dessen ihre Artikel 9 Kenn­zeich­nung auf­ge­geben und werden seitdem wieder als Artikel 8 Fonds aus­ge­wiesen. Laut einer Ana­lyse von Mor­ning­star betrafen diese Her­ab­stu­fungen rund 40 % aller Ver­mö­gens­werte der Artikel 9 Klassifizierung. 

Das Down­gra­ding im großen Stil sorgt für Ärger bei Anle­ge­rinnen und Anle­gern. Ver­ständ­li­cher­weise, denn wer inves­tiert schon gerne nach bestem Gewissen in einen dun­kel­grünen Fonds, nur um im Nach­hinein zu erfahren, dass dieser im Kern eher hell­grün ist.

Wie glaub­würdig ist die grüne Klassifizierung? 

Sind die Klas­si­fi­zie­rungen also doch nur eine offi­zi­elle Form des Green­wa­shings? Auf keinen Fall.

Viel­mehr ste­cken die Regu­la­rien aktuell noch in den Kin­der­schuhen. Und so ist eben auch Wachs­tums­schmerz vor­pro­gram­miert. Im jet­zigen Fall sah der so aus, dass Schwach­stellen bei den bis­he­rigen Richt­li­nien fest­ge­stellt wurden, wor­aufhin die EU ihre Vor­schriften für Artikel 9 Fonds deut­lich ver­schärft hat.

In Bezug auf die Nach­hal­tig­keit von Finanz­pro­dukten ist das durchaus als posi­tiver Schritt zu werten, da stren­gere Richt­li­nien immer auch zu einer schär­feren Ein­gren­zung der Artikel 9 Klas­si­fi­zie­rung führen. Lang­fristig besteht also die Aus­sicht, dass wirk­lich nur noch Pro­dukte als Artikel 9 Fonds ein­ge­stuft werden, die diese Bezeich­nung auch ver­dient haben.

Tipps für Anleger:innen

Den­noch sollte man als Anleger:in stets im Hin­ter­kopf behalten, dass die Klas­si­fi­zie­rung weder eine kon­krete Nach­hal­tig­keits­stra­tegie vor­schreibt noch umfang­reiche Aus­wahl­kri­te­rien vor­gibt. Ihr Haupt­au­gen­merk liegt auf der Trans­pa­renz und der bes­seren Ver­gleich­bar­keit ver­schie­dener Finanzprodukte.

Wer also wirk­lich auf Nummer sicher gehen möchte, sollte bei einer Inves­ti­tion immer auch die Nach­hal­tig­keit des Anbie­ters sowie seine Anla­ge­stra­tegie berück­sich­tigen. Auf­schluss dar­über gegen bei­spiels­weise die Fonds­in­for­ma­tionen oder Angaben auf der Web­site des Fondsanbieters.