Jahresrückblick 2022: Das Comeback der Zinsen
Marktkommentar KW 51 | 2022
Jahresrückblick 2022: Das Comeback der Zinsen
Das Jahr 2022 neigt sich dem Ende zu: Wer gehofft hatte, dass es in der Finanzwelt ruhiger zugeht, wurde (wieder einmal) enttäuscht. Eine gute Gelegenheit, um wichtige Ereignisse der vergangenen 12 Monate zu rekapitulieren, denn auch dieses Jahr hielt erneut eine Vielzahl an Herausforderungen wie etwa die Zinswende bereit. Doch der Reihe nach:
Nachdem bereits der Start ins Jahr 2022 holprig ausfiel, ließ der Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine die Börsenstimmung endgültig kippen. Die neue geopolitische Krise sendete Schockwellen durch die Märkte. Insbesondere Aktien und andere risikoreichere Assets erlebten einen Ausverkauf. Im Gegenzug verteuerten sich die Preise an den Rohstoffmärkten enorm. So schossen etwa die Weizenpreise in die Höhe, da die Ukraine als “Kornkammer Europas” ihre Lieferungen immer wieder einstellen musste. Daneben begann das geopolitische Kräftemessen auf dem Energiemarkt zwischen Russland und dem Westen. Infolge von Sanktionen und Lieferstopps erlebten die Preise für Erdöl und ‑gas eine regelrechte Preisexplosion.
Apropos Preisanstieg: Auch die Inflationsdynamik erhielt im Frühjahr neuen Aufwind. Aufgrund der Entwicklungen rund um den Ukrainekrieg und den seit Jahren anhaltenden Engpässen in den globalen Lieferketten schoss die Teuerung insbesondere im Euroraum und den USA weiter in die Höhe. Auch die letzten europäischen Währungshüter gestanden sich nun ein, dass ihre Annahme über die vorübergehende Natur der Inflation falsch war – besser spät als nie. Einen Schritt voraus war hingegen die US-Notenbank. Ihre Zinswende sorgte für das nächste große Beben an den Börsen. Während die Aktienmärkte, insbesondere die zinssensitiven Technologie-Titel, unter dem Ende des Fed-Puts litten, schossen die Renditen am Anleihemarkt in die Höhe. Zeitgleich konnte der US-Dollar von der größer werdenden Zinsschere zwischen den USA und Europa profitieren.
Kalter Entzug im heißen Sommer: Während die US-Notenbank im Kampf gegen die Inflation mit riesigen Zinsschritten enteilte, rang sich die EZB erst im Juli zu einer ersten Zinserhöhung durch. Nachdem die großen Notenbanken auch ihre geldpolitischen Stützungsmaßnahmen sukzessiv einstellten, zeigten sich an den Aktien- und Anleihenmärkten immer stärkere Entzugserscheinungen. Doch trotz steigender Leitzinsen kletterte die Inflation weiter in ungeahnte Höhen. Selbst fiskalpolitische Maßnahmen wie Tankrabatt oder 9‑Euro-Ticket wirkten lediglich temporär dämpfend. Als Haupttreiber der Teuerung erwies sich nach wie vor Energie. Vor allem der zugedrehte russische Gashahn trieb die Preise und forderte mit Uniper zudem ein erstes prominentes Opfer. Zusätzlich kamen mit den Höchstständen bei Erdgas und Strom vermehrt auch Sorgen vor einer Rezession auf.
Auch in den letzten Monaten des Jahres ging es turbulent zu. Während das Inflationsmonster in den USA langsam den Rückzug antrat, tobte es in Europa noch mit voller Kraft. Um der grassierenden Inflation Herr zu werden, packten fast alle großen Notenbanken den Zinshammer aus. Möglich machte das unter anderem auch die Wirtschaft, die sich bisher entgegen vieler Erwartungen robust präsentierte. Mit Ausnahme jedoch von China, wo die Konjunktur infolge der – mittlerweile gekippten – Null-Covid Politik einen Einbruch erfuhr. Auf nationaler Ebene drängte sich daneben vor allem Großbritannien ins Rampenlicht. Das Land verlor nicht nur King Boris und die Queen, sondern schlitterte aufgrund einer haarsträubenden Finanzpolitik von Johnsons Nachfolgerin in eine politische Krise. Well Done, Liz Truss! Ansonsten blieb festzustellen, dass die umgreifenden Zinsängste eine mögliche Jahresend- oder Weihnachtsrally in diesem Jahr bereits im Keim erstickten. Dagegen haben sich die Energiepreise in den letzten Monaten ein gutes Stück von ihren Höchstständen entfernt. Dies nährt die Hoffnung, dass uns zum Jahresabschluss eine Inflationsrate unter 10 % beschert wird.
Ausblick 2023: Das Jahr der Rezession?
Angesichts der geldpolitischen Entwicklung kann das ablaufende Jahr 2022 wohl getrost als “Jahr der Zinsen” bezeichnet werden, beendete es doch die jahrelange Anomalie der Negativzinsen. Auch in den nächsten 12 Monaten werden weitere Zinserhöhungen folgen, wenngleich die Notenbanken das Tempo wohl reduzieren dürften. An den Aktienmärkten ist vorerst wohl keine signifikante Entspannung in Sicht, solange weiter an der Zinsschraube gedreht wird. Im Gegensatz dazu werden die Aussichten am Anleihemarkt kontinuierlich besser. Vor allem am kurzen Ende erscheinen viele Wertpapiere wieder attraktiv. Asset Manager weltweit holen bereits ihre verstaubten Anleihen-Produkte aus dem Schattendasein. Das Ende der falkenhaften Geldpolitik hängt dabei insbesondere vom weiteren Inflationsgeschehen und der konjunkturellen Entwicklung ab. Prognosen und Frühindikatoren wie etwa die inversen Zinsstrukturkurven am Anleihemarkt deuten zumindest auf eine Abkühlung der Wirtschaft hin. Wie stark letzteres ausfällt, dürfte auch von den Entwicklungen der geopolitischen Konflikte, z.B. in der Ukraine, abhängen. Eine letzte explosive Frage die Experten derweil weiter umtreibt, ist, ob die gestiegenen Zinsen zu einem größeren Preisdämpfer am Immobilienmarkt führen werden…
Mit diesem Ausblick verabschiedet sich die EVERGREEN Marktkommentar-Redaktion in den wohlverdienten Weihnachtsurlaub und wünscht allen Leserinnen und Lesern schöne Festtage, einen guten Rutsch und ein gesundes neues Jahr 2023.
Infos zu den EVERGREEN-Fonds
In der Woche vor Weihnachten kamen an den globalen Aktienmärkten erneut Zinsängste auf. Deshalb wurden die Aktienquoten in den Evergreen Publikumsfonds auf den jeweiligen Niveaus der Vorwoche belassen. Auch an den globalen Anleihemärkten gerieten die Kurse unter Druck. Infolgedessen blieben auch die Rentenquoten im Evergreen PDI Yang und Evergreen PDI Yin unverändert.
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