Positionspapier: Frühstart-Rente und Riester-Reform schnell und zusammen angehen

1. Worum geht’s?

Als füh­rende digi­tale Banken und Broker sowie Asset Manager in Deutsch­land, die einen Groß­teil der Bevöl­ke­rung zu ihren Kunden zählen, unter­stützen wir nach­drück­lich das vom Koali­ti­ons­aus­schuss in der letzten Woche noch einmal bestä­tigte Vor­haben der Bun­des­re­gie­rung, eine Früh­start-Rente ein­zu­führen und die Riester-Rente zu refor­mieren. Dies sollte gemeinsam und schnellst­mög­lich im Jahr 2026, ggf. unter­jährig, erfolgen.

Im inter­na­tio­nalen Ver­gleich hinkt Deutsch­land bei der Alters­vor­sorge hin­terher – das Ren­ten­system setzt wei­terhin stark auf die umla­ge­fi­nan­zierte gesetz­liche Rente und wenig auf die pri­vate Altersvor­sorge. Das Ren­ten­ni­veau in Deutsch­land liegt aktuell bei nur etwa 48% und somit 14 Pro­zent­punkte unter­halb des euro­päi­schen Durch­schnitts. Die Riester-Rente – Deutsch­lands geför­derte pri­vate Alters­vor­sorge – hat trotz 20 Jahren Lauf­zeit nur rund 16 Mil­lionen Ver­träge erreicht, von denen viele ruhen oder gekün­digt wurden, sodass das Wachstum seit Jahren sta­gniert und immer weniger Ver­träge aktiv bes­part werden.

Zahl­reiche inter­na­tio­nale Bei­spiele zeigen, wie ertrag­reich und nach­haltig die Nut­zung von Kapitalmärkten in der Alters­vor­sorge ist, zum Bei­spiel Schweden (IPS), UK (SIPP) oder Schweiz (Säule 3a).

Auch Deutsch­land zeigt einen klaren Trend in Rich­tung Kapi­tal­markt. Mil­lionen neue Depots belegen zudem, dass ein großer Teil der Bevöl­ke­rung aktiv Ver­mö­gens­aufbau und Alters­vor­sorge am Kapitalmarkt sucht. Es ist zu begrüßen, dass der Koali­ti­ons­ver­trag vor­sieht, dass dies bald auch in der staat­lich geför­derten pri­vaten Alters­vor­sorge mög­lich ist.

Die Früh­start-Rente ist ein her­vor­ra­gender Ansatz, junge Men­schen an die Inves­ti­tion in Wert­pa­piere her­an­zu­führen. Ihre Ein­füh­rung bedingt eine zeit­gleiche Reform der Riester-Rente. Wir sind davon über­zeugt: Beide Reformen werden schnell ihren Nutzen für Bür­ge­rinnen und Bürger zeigen.

Wir erwarten von der Früh­start-Rente auch einen Schub für die Finanz­bil­dung. Mil­lionen von jungen Men­schen werden sich mit ihrer Früh­start-Rente beschäf­tigen und von ihren Anbie­tern im Erlernen der Zusam­men­hänge unter­stützt werden.

Logos der unterzeichnenden Unternehmen zum Positionspapier zu Frühstart-Rente und Riester-Reform

2. Kernpunkte

Für die erfolg­reiche Umset­zung beider Reform­vor­haben sind aus unserer Sicht fol­gende Eck­punkte von über­ra­gender Bedeutung:

  1. Wie bereits in der letzten Wahl­pe­riode dis­ku­tiert, sollte die Riester-Rente um die Mög­lich­keit eines Alters­vor­sor­ge­de­pots ergänzt werden. Die Früh­start-Rente sollte sich beim Errei­chen der Voll­jäh­rig­keit auto­ma­tisch in ein nor­males Alters­vor­sor­ge­depot umwan­deln, um die Alters­vor­sorge frik­ti­ons­frei fort­setzen zu können. 
  2. Wie im Koali­ti­ons­ver­trag vor­ge­sehen, sollten Früh­start-Rente und Alters­vor­sor­ge­depot ohne zwin­gende Garan­tien (etwa Kapi­tal­ga­rantie oder Ver­ren­tung) ange­boten werden können.
  3. In der Aus­zah­lungs­phase sollte maximal mög­liche Fle­xi­bi­lität bestehen: Dies beinhaltet neben einem Aus­zah­lungs­plan auch die Mög­lich­keit einer (Teil-)Entnahme oder den Beginn der Aus­zah­lungs­phase vor dem Ein­tritt in die gesetz­liche Rente.
  4. In der Früh­start-Rente sollten auch Ein­zah­lungen zuge­lassen werden. Damit wird es zum Bei­spiel für Eltern oder Groß­el­tern mög­lich, aktiv zur Rente der Kinder und Jugend­li­chen beizutragen.
  5. Wir spre­chen uns nach­drück­lich für eine Aus­wei­tung der Berech­tigten für das Alters­vor­sor­ge­depot auf alle in Deutsch­land Steu­er­pflich­tigen aus.

3. Unterzeichnende

Gerne stehen wir dem Deut­schen Bun­destag und der Bun­des­re­gie­rung für eine ver­tiefte poli­ti­sche und tech­ni­sche Dis­kus­sion zur Ver­fü­gung. Hierzu fügen wir auch einen tech­ni­schen Anhang bei.

Mit freund­li­chen Grüßen

  • Max Bachem, Xaver
  • Martin Kas­sing, Upvest
  • Thomas Soltau, Smart­broker
  • Tino Benker-Schwuchow, Con­sors­bank
  • Jonas Haase, Growney
  • Ernst Huber, Traders Place
  • Iven Kurz, Ever­green
  • Ralf Oet­ting, jus­t­TRADE
  • Lars Reiner, Ginmon
  • Dirk Schmitz, Black­Rock
  • Raphael Steil, Get­quin
  • Martin Daut, qui­rion
  • Max Linden, lemon.markets
  • Valentin Stalf, N26
  • Robin Binder, NAO
  • Tilo Hacke, DKB
  • David Krah­nen­feld, Ampega
  • Chris­tian Machts, Franklin Temp­leton
  • Patrick Paech & Thorsten Roth, SMAVESTO
  • Maxi­mi­lian v. Richt­hofen, finanzen.net
  • Lukas Söllner, Vickii
  • Frank Thelen, Tech Capital
  • Tamaz Geor­gadze, Raisin
  • Erik Pod­zu­weit, Sca­lable Capital
  • Sophie Thurner, beat­vest
  • Harald Brock, Inve­s­tify Tech
  • Ingo Hillen, Sino
  • Sebas­tian Külps, Van­guard
  • Fabian Mohr, unit­plus
  • Chris­tian Pellis, Amundi
  • Oliver Riedel, Baader Bank
  • Ulli Span­kowski, BISON – Digital Broker

» Das Posi­ti­ons­pa­pier als pdf-Doku­ment.

4. Technische Anmerkungen

Diese tech­ni­schen Anmer­kungen beziehen sich in der Regel auf den Dis­kus­si­ons­stand aus dem Herbst 2024.

  • Es muss eine Anla­ge­ka­te­gorie „Cash“ ein­ge­führt werden. Einer­seits kann es in bestimmten Markt­lagen sinn­voll sein, mehr Bar­geld zu halten. Ande­rer­seits ist bei einem Wert­pa­pier­depot ein Ver­rech­nungs­konto not­wendig, bei dem zumin­dest für logi­sche Sekunden Bar­geld gehalten wird. Ferner sollten auch ELTIFs als Anla­ge­klasse zuge­lassen werden.
  • Die Ein­schrän­kung der Anbieter durch das Alt­ZertG sollten über­dacht werden und vor allem auch Wert­pa­pier­in­sti­tuten, die klas­si­scher­weise Anbieter von Depots sind, das eigen­stän­dige Anbieten ihrer Pro­dukte für die Früh­start­rente und das Alters­vor­sor­ge­depot ermöglichen.
  • Der Bruch­stücke­handel muss zuge­lassen werden.
  • Die Bun­des­re­gie­rung hat sich zum Ziel gesetzt, büro­kra­ti­sche Pro­zesse zu redu­zieren, den Unter­nehmen mehr zu ver­trauen und dafür die Sank­tionen bei Regel­ver­stößen zu ver­schärfen. Dieser Grund­satz sollte auch hier ange­wendet werden: Auf eine geson­derte Zer­ti­fi­zie­rung der Anbieter wird im Gegenzug zu einem harten Sank­ti­ons­re­gime ver­zichtet. Dies ver­hin­dert auch eine erwart­bare Über­las­tung der Zer­ti­fi­zie­rungs­stelle nach Inkraft­treten des Gesetzes.
  • Der Onboar­ding-Pro­zess sollte kom­plett digital gestaltbar sein. Es dürfen keine gegen­tei­ligen Bestim­mungen im Gesetz auf­ge­nommen werden.
  • Bisher konnte nicht aus­ge­schlossen werden, dass ein Kunde meh­rere Alters­vor­sor­ge­de­pots abschließt. Die bisher dis­ku­tierte Vor­ge­hens­weise eines „Wind­hund­ver­fah­rens“ (der erste ein­ge­reichte Zula­gen­an­trag wird bedient) ist in der Praxis untaug­lich. Hier wäre zum Bei­spiel eine Online-Abfrage beim Bun­des­zen­tralamt für Steuern zielführend.
  • Alle gesetz­li­chen fixierten Bei­träge (zum Bei­spiel Zulagen, steu­er­liche Höchst­be­träge) sollten inde­xiert werden.
  • Für ein im Rahmen der Finanz­port­folio ver­wal­tetes Alters­vor­sor­ge­depot sollte die gleiche Umsatz­steu­er­be­freiung Anwen­dung finden wie für KVGs und Ver­si­che­rungs­un­ter­nehmen (§ 4 Nr. 8 lit. h) UstG).
  • Unter­neh­mens­an­leihen ab einem hin­rei­chenden Markt­vo­lumen sollten in den Katalog der zuläs­sigen Instru­mente auf­ge­nommen werden.
  • Es sollten Bestim­mungen zur Ver­er­bung ein­ge­führt werden.
  • Es sollte klar­ge­stellt werden, dass in der Aus­zah­lungs­phase sowie bei vor­zei­tigen Ver­fü­gungen (ein­schließ­lich Todes­fall) die Abgel­tungs­steuer anzu­wenden ist und eine Güns­ti­ger­prü­fung im Ein­kom­men­steu­er­ver­fahren des Kunden durch­ge­führt werden muss.
  • Zuzah­lungen ins Alters­vor­sor­ge­depot sollten mög­lich sein. Diese würden staat­lich nicht durch Zulagen geför­dert, aber nach­ge­la­gert besteuert werden.
  • Der Aufbau und die Exis­tenz der Ver­gleichs­platt­form dürfen keine Vor­aus­set­zung dafür sein, dass die Früh­start-Rente und die Riester-Reform in Kraft treten.
  • Ver­mö­gens­wirk­same Leis­tungen sollten auch in ein Alters­vor­sor­ge­depot ein­ge­zahlt werden können. Das Alters­vor­sor­ge­depot sollte auch eine Vari­ante der betrieb­li­chen Alters­vor­sorge sein.

Deutsch­lands Ren­ten­system braucht kein Pflaster, son­dern ein Update – digital, fair und mit guten Renditechancen.“

Iven Kurz, Gründer und CEO von EVERGREEN

Iven Kurz, Gründer und CEO von EVERGREEN, im Juni 2025