Finanzkrise 2008 vs. Corona-Krise 2020
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Das neuartige Corona-Virus hat die komplette Welt umgekrempelt. Die Corona-Krise 2020 ist längst in vollem Gange. Während Ärzte und Pflegepersonal an ihre Grenzen gehen, ist der Rest der Menschheit dazu aufgerufen, sich zu isolieren. Durch verhangene Ausgangssperren und Betriebsschließungen scheint sich allerdings auch die Wirtschaft derzeitig in Quarantäne zu befinden. Die Folgen dieses Ausnahmezustands wurden demzufolge auch schnell im Finanzsektor deutlich. Verunsicherte Anleger ziehen sich zurück, der Aktienmarkt fällt rapide, eine Rezession zeichnet sich immer stärker ab. Die derzeitigen Zustände erwecken bei vielen Erinnerungen an die weltweite Finanzkrise 2008. Ein gerechtfertigter Vergleich?
Um diese Frage zu beantworten, fassen wir in diesem Blogbeitrag die Entstehung und den Verlauf der Finanzkrise 2008 zusammen und zeigen dabei Parallelen und Unterschiede zur derzeitigen Situation auf.
Globale Finanzkrise 2008: Wie es dazu kam
Blasenbildungen gelten als Hauptauslöser aller bisherigen Finanzkrisen. Eine Blasenbildung beschreibt das Phänomen, dass überdurchschnittlich viele Anleger gleichzeitig in bestimmte Anlageklassen investieren, wodurch es zu einer Spekulationsblase kommt. Ob und wann eine solche Blase platzt, lässt sich schwer vorhersagen. Das Objekt der Begierde, auf welches spekuliert wird, wandelt sich dabei von Krise zu Krise. Im Fall der Finanzkrise 2008 waren es Immobilien.
So hatte diese ihren Ursprung folglich in der Immobilienkrise in den USA. Zu einer Immobilienkrise kam es zunächst dadurch, dass die FED (die amerikanische Notenbank) die Zinsen, zu denen Banken sich Geld leihen konnten, sehr niedrig hielt. Dadurch konnten Banken selbst zahlreiche Kredite vergeben, womit sich nahezu jeder US-Bürger ein Eigenheim finanzieren konnte — zumindest theoretisch. Die Nachfrage nach Immobilien stieg daraufhin schnell an, gleichermaßen die Immobilienpreise.
Vom Hoch ins Tief - Immobilienpreise im freien Fall
Die Kreditforderungen der einzelnen Bürger wurden von den Banken verbrieft. Das bedeutet, dass verschiedene Kreditforderungen in ein handelbares Wertpapier umgewandelt werden. Diese ‚Pakete‘ nennt man CDOs, also Collateralized Debt Obligations. CDOs verkauften sich damals rapide unter Anlegern und Investoren. Nach und nach verteilten sich diese im gesamten globalen Bankensystem.
Schlussendlich kam der große Einschnitt. Bei steigenden Kreditzinsen und fallenden Wiederverkaufswerten konnten viele Kreditnehmer ihre Raten für die neuen Eigenheime nicht abbezahlen. Durch zahlreiche Immobilienverkäufe brachen die Preise schnell ein. Die CDOs wurden wertlos und galten von diesem Zeitpunkt an als toxisch. Die Zahlungsunfähigkeit der Kreditaufnehmer brachte den Banken und Investoren hohe Verluste ein, welche sie durch einen Mangel an Eigenkapital nicht kompensieren konnten.
Von der Finanz- zur Wirtschaftskrise
Als offizieller Anfang der Finanzkrise wird oftmals der 15. September 2008 genannt. An diesem Tag meldete das damals viertgrößte Investmentbankhaus Lehman Brothers Insolvenz an. Eine Lawine wurde ins Rollen gebracht: Schlag auf Schlag gingen weitere große amerikanische Finanzunternehmen, die entweder direkt oder über Verbriefungen am Immobilienmarkt teilgenommen hatten, insolvent oder waren auf Hilfe der Regierung angewiesen. Der Interbankenhandel fror nach und nach mehr ein und an globalen Aktienmärkten kam es zu rasanten Kurseinbrüchen.
Mehrere Staaten mussten weltweit die Existenz großer Finanzdienstleister sichern. Weiterhin konnten die Banken nicht mehr in die Wirtschaft investieren und auch die Sparprogramme der einzelnen Länder sorgten für ökonomische Verluste. Bereits Ende des Jahres 2008 war klar, dass sich sowohl die USA als auch Deutschland in einer Rezession befinden. Ab dem Jahr 2010 wurde die Situation in Europa dann als Eurokrise betitelt, diese umfasste sowohl eine Staatsschuldenkrise, eine Bankenkrise und eine Wirtschaftskrise.
Wir müssen wohl akzeptieren, dass Crashs und Krisen dazugehören und – ob wir wollen oder nicht – wiederkommen werden. Übrig bleibt zu Lernen, wie man mit solchen Krisensituationen umgeht und sich dabei immer wieder darauf zu berufen, dass wir letztendlich alle in einem Boot sitzen.
Kommt es zur Wiederholung?
Der Ausnahmezustand, der durch die Corona-Krise 2020 bedingt wurde, zeigt tatsächlich einige Parallelen zur Finanzkrise 2008 auf. Seit Jahresanfang verlor der weltweite Aktienmarkt insgesamt 27 Prozent an Wert. Kreditausfälle werden zur Regelmäßigkeit, die Wirtschaft ist massiv gelähmt und private Unternehmen, sowie Einzelpersonen sind auf staatliche Hilfe angewiesen.
Einen grundliegenden Unterschied zwischen der Finanzkrise 2008 und der Corona-Krise 2020 darf man jedoch auf keinen Fall außer Acht lassen. Das Platzen der Immobilienblase hat sich – wenn auch mehr oder weniger unentdeckt – angekündigt.
Die darauffolgende Finanzkrise, die eine Wirtschafts- und schließlich eine Schuldenkrise mit sich brachte, ist eine kausale Folge des Scheiterns der Spekulationsblase.
Die Corona-Krise 2020 hat ihren Ursprung nicht im Finanzsektor. Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, werden Maßnahmen verhangen, die die globalen Wertschöpfungsketten einbrechen lassen. Dadurch liegt momentan ein zeitgleicher Angebots- und Nachfrageschock vor. Aus gesundheitlichen Gründen können die Staaten die Ausfälle in der Produktion und dem Service jedoch nicht einfach ersetzten. Auch die unter der Krise leidende Tourismus- und Gastronomiebranche sollte momentan auf gar keinen Fall angekurbelt werden.
In diesem Sinne ist die bewusste Wirtschaftslähmung derzeit nicht lediglich eine Folge der Pandemie, sondern eher eine Maßnahme dieser entgegenzuwirken.
Während also die Finanzkrise 2008 auch im Finanzsektor begann, ist der Beginn der Corona-Krise 2020 in der Realpolitik zu beobachten. Anstatt einer Finanzkrise, die zur Wirtschaftskrise wird, haben wir heute eine Wirtschaftskrise, die eine Finanzkrise bedingt.
Nichtsdestotrotz ist festzustellen, dass die Mittel, die die Politiker in der derzeitigen Krise anwenden, um sie zu entschleunigen oder gar aufzuhalten, mit denen aus 2008 gleichzusetzten sind: Dazu gehören unter anderem Rettungsschirme in Milliardenhöhe, Liquiditätshilfen, sowie Kurzarbeitergeld.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Wenn man sich an den Ursprüngen der beiden Krisen orientiert, sollte sich ein Vergleich als schwierig erweisen. Hat man jedoch ausschließlich die Konsequenzen im Blick und die Mittel, die angewandt werden, um diese einzudämmen, zeigen sich durchaus starke Ähnlichkeiten.
Unter Experten spalten sich die Meinungen:
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier rechnet damit, dass „die wirtschaftlichen Einbußen wahrscheinlich höher sein werden als in der letzten Wirtschaftskrise, in der Banken- und Börsenkrise”. Gleichermaßen sieht Ex-Finanzminister Steinbrück die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise als „weit existenzieller als die Finanzkrise 2008“. In einem Interview mit der Zeit-Online betont der Ökonom Ashoka Mody, dass man, um etwas Vergleichbares zur derzeitigen Situation in der Geschichte zu finden, „bis zu den 1930er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zurückgehen müsste“ – zur großen Depression.
Lars Feld, Vorsitzender der Wirtschaftsweisen, bezweifelt diese dystopischen Szenarien: „Wir gehen nicht davon aus, dass wir eine so schwierige Lage bekommen werden”, sagte er hoffnungsvoll.
Auch wir bei EVERGREEN versuchen erstmal einen kühlen Kopf zu bewahren und verlassen uns weiterhin auf die tägliche Anpassung unserer Anlagestrategie, um auch in dieser Krisenzeit Verlusten vorzubeugen.
Um euch die Quarantänezeit gefühlt etwas zu verkürzen, besprechen wir in den nächsten Wochen noch andere Finanzkrisen auf unserem Blog und vergleichen diese mit der aktuellen Lage.
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Spannender Artikel. Zu Zeit gibt es ganz viele Krisen auf der Welt. Es ist höchste Zeit für ein optimales Krisenmanagement.