Zinsen und nun? Der Geld­an­lage-Guide zur Rück­kehr der Zinsen

Zins­er­hö­hung um Zins­er­hö­hung: Noch nie seit Ein­füh­rung des Euros war der Ein­la­gen­zins der Euro­päi­schen Zen­tral­bank so hoch wie der­zeit. Und ein Ende des Zins­er­hö­hungs­zy­klus scheint noch nicht gekommen zu sein. Plötz­lich gibt es wieder gute Zinsen auf manche Tages- und Fest­geld­konten. Lohnen sich also Aktien ange­sichts der attrak­tiven Zins-Mög­lich­keiten über­haupt noch, sind sie das Risiko wert? Genau damit beschäf­tigen wir uns in diesem Bei­trag und das Ergebnis wird Dich sicher­lich überraschen.

Eine kurze Geschichte der Zinspolitik:

Wenn Du zu den vielen jungen Erwach­senen gehörst, die erst nach der Finanz­markt­krise von 2008 voll­jährig wurden, dann sind für dich Niedrig‑, Null- und sogar Nega­tiv­zinsen die Nor­ma­lität. Dabei ist diese Nor­ma­lität eigent­lich eine Anomalie. Anfang der 90er Jahre lag der Zins­satz für Ein­lagen bei der Bun­des­bank bei um die 8 Pro­zent. Wenn man sich die Geschichte anschaut, sind posi­tive Zinsen nicht die Aus­nahme, son­dern die Regel. Aller­dings haben die letzten 10 Jahre, geprägt durch Null­zinsen, unser Bild verschoben.

Das Gute daran ist, dass es zwar für Dich viel­leicht die erste Hoch­zins­phase ist, aber nicht für den Kapi­tal­markt. Es gibt genug Zahlen, Daten und Fakten, um zu ana­ly­sieren und zu ver­stehen, wie ver­schie­dene Spar- und Anla­ge­stra­te­gien in der Ver­gan­gen­heit per­formt haben und für welche Spar­ziele sich nun risi­ko­freie Zins­an­lagen und risi­ko­rei­chere Ren­di­te­bringer eignen.

Der Leit­zins ist ein wich­tiges geld­po­li­ti­sches Instru­ment, das von der Zen­tral­bank eines Landes (z.B. Federal Reserve) oder einer Wäh­rungs­union (z.B. Euro­päi­sche Zen­tral­bank) fest­ge­legt wird. Durch Anhe­bung oder Sen­kung des Leit­zinses steuert die Zen­tral­bank die Geld­ver­sor­gung in der Wirt­schaft, um Ziele wie Preis­sta­bi­lität, Wirt­schafts­wachstum und Voll­be­schäf­ti­gung zu errei­chen. Ein hoher Leit­zins macht Kre­dite und Dar­lehen teurer, was die Kre­dit­nach­frage und damit die Geld­menge in der Wirt­schaft redu­ziert. Dies kann die Infla­tion dämpfen, hat jedoch oft eine ver­lang­sa­mende Wir­kung auf das Wirt­schafts­wachstum. Ein nied­riger Leit­zins hin­gegen för­dert die Kre­dit­ver­gabe und Inves­ti­tionen, kann aber auch das Risiko einer stei­genden Infla­tion erhöhen.

Jetzt nur noch in Zins­pro­dukte investieren?

Die gestie­genen Zinsen machen Zins­pro­dukte, wie Tages­geld, Fest­geld und Geld­markt­fonds, wieder attraktiv. Plötz­lich ver­mehrt sich das Geld ohne Risiko und so stellt sich klar die Frage, ob man jetzt nur noch in Zins­pro­dukte inves­tieren sollte. Die Ant­wort ist ein­fach: Nein. 

Zins­an­ge­bote eignen sich vor allem, wenn sie als „Park­platz“ für Geld genutzt werden, das kurz­fristig ver­fügbar sein soll. Wer aber Ver­mögen auf­bauen will, sollte sich die Ren­di­te­chancen der Kapi­tal­märkte nicht ent­gehen lassen. Hinzu kommt, dass immer der Real­zins beachtet werden muss. Wäh­rend es für das Geld auf dem Tages­geld­konto oder für das Fest­geld zwar die ver­spro­chenen Zinsen gibt, sinkt durch die Ent­wick­lung der Infla­tion die Kauf­kraft des Geldes.

Die Rech­nung dazu ist relativ ein­fach: Sind die Zinsen geringer als der Preis­an­stieg durch die Infla­tion, dann ist der Real­zins negativ. Das heißt: Sparer haben zwar – dank der Zinsen – mehr Geld, doch können sich durch die Infla­tion weniger damit weniger kaufen. Das macht den lang­fris­tigen Ver­mö­gens­aufbau mit einem Zins­pro­dukt fast unmöglich.

Im Gegen­satz zu Zins­pro­dukten werfen Aktien (und in Teilen Anleihen) his­to­risch betrachtet lang­fristig höhere Ren­diten, ober­halb der Infla­tion, ab. So liegt die Prämie für das Risiko, dass man mit einem Akti­en­in­vest­ment ein­geht, durch­schnitt­lich zwi­schen 7 und 9 Pro­zent pro Jahr. In der Grafik sieht man gut, wie sich die ver­schie­denen Anla­ge­klassen – Anleihen, Geld­markt (Zins­pro­dukt) und Aktien – über die letzten 23 Jahre ent­wi­ckelt haben. Trotz der zeit­weise schlechten Ent­wick­lung des Akti­en­marktes konnte man sein ein­ge­setztes Kapital in den 23 Jahren fast verdreifachen.

Lang­fristig denken und nach Zielen investieren

Wie die Grafik der his­to­ri­schen Wert­ent­wick­lung der Anla­ge­klassen zeigt, ist eine lang­fris­tige Per­spek­tive beim Inves­tieren essen­ziell. Es ist wichtig, sich nicht von kurz­fris­tigen Markt­schwan­kungen oder Schlag­zeilen beirren zu lassen. Das heißt nicht, dass ein Zins­pro­dukt keine Berech­ti­gung hat, nur für die Alters­vor­sorge und andere lang­fris­tige Spar­ziele ist es weniger gut geeignet. Grund­sätz­lich kann man fol­gende Zeit­ho­ri­zonte und damit ein­her­ge­hende Anla­ge­stra­te­gien definieren:

  • Das “Jetzt-Geld”: Für kurz­fris­tige Erspar­nisse, zum Bei­spiel für den Jah­res­ur­laub oder den Not­gro­schen, eignen sich Zins­pro­dukte. Diese bieten die Sicher­heit eines Giro­kontos, nur mit zusätz­li­chen Zinsen (aller­dings zumeist unter­halb des Inflationsniveaus).

  • Das “Bald-Geld”: Für finan­zi­elle Ziele im Zeit­raum von 1 bis 5 Jahren eignen sich Geld­markt­pro­dukte, Zins­pro­dukte und in Teilen – beson­ders bei län­geren Anla­ge­zeit­räume von 3 bis 5 Jahren – risi­ko­arme Misch­fonds, sowie Anleihenfonds.

  • Das “Später-Geld”: Für den lang­fris­tigen Ver­mö­gens­aufbau, wie zum Bei­spiel die Alters­vor­sorge, ist ein diver­si­fi­ziertes Port­folio aus Aktien emp­feh­lens­wert. Akti­en­fonds können stark schwanken, bringen lang­fristig aller­dings (his­to­risch betrachtet) die höchste Ren­dite. Durch den langen Anla­ge­zeit­raum lassen sich die Schwan­kungen gut aussitzen.

Hin­weis: Ver­gan­gen­heits­be­zo­gene Daten sind kein ver­läss­li­cher Indi­kator für die zukünf­tige Wert­ent­wick­lung. Die Dar­stel­lungen berück­sich­tigen keine Kosten, die bei der Geld­an­lage anfallen können, oder Steuern auf Erträge.